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Mentaltraining ist ein wesentliches Element, um Lernerfolge zu optimieren, und bereichert ein Reiterleben. Das Mentaltraining bietet unerwartete Möglichkeiten, und jeder Reiter kann individuell davon profitieren.
Das Pferd dient als Spiegel unserer Persönlichkeit und unserer Seele. Es zeigt uns unsere Verfassung, unseren derzeitigen Zustand, unsere Wirkung, unsere Eigenschaften und Werte und unser Verhalten sehr klar und direkt auf und gibt uns durch sein Verhalten sehr deutliches, klares und ungeschminktes Feedback. Da das Pferd im Jetzt lebt, keinen Doktortitel oder Armani-Anzug erkennt, bekomme ich als Mensch sofort eine authentische Antwort auf meine Signale. Das Pferd plant nicht und geht weder strategisch noch taktisch vor. Der Mensch bekommt so vom Pferd einen Spiegel über die momentane Beziehungssituation vorgehalten. Wenn ein Pferd nicht das gewünschte Verhalten zeigt, dann kann ich mir sein Verhalten, wie beim Blick in den Spiegel, zu Rate ziehen.
In meinen Augen möchten Menschen, die sich mit Pferden beschäftigen, bewusst oder unbewusst ihren Emotionen und Gedanken auf die Spur kommen. Sie möchten Grenzen setzen.
Pferde helfen uns, unsere Stärken und Schwächen zu erkennen. Die intuitiven Reaktionen von Pferden sind ein direktes Abbild unserer Wünsche, Sehnsüchte nach Freiheit, Größe, Stärke, Schnelligkeit, Wärme, Weichheit und unserer Ängste. Angst kennt jeder Mensch, selbst der Mutigste unter uns. Angst ist ein Grundgefühl wie Liebe, Freude, Wut oder Trauer.
Innere Wände: Blockaden
Angst ist nur eine unserer inneren (internalen) und äußeren (externalen) Blockaden und Störfaktoren, die uns immer wieder daran hindern, wirklich mit Spaß zu reiten, einen Ritt und den Umgang mit Pferden durch und durch zu genießen oder optimale Leistungsfähigkeit abzurufen.
Weitere Blockaden sind plötzlich auftauchende ungewünschte Zuschauer an der Hallenbande, Nicht-Einhaltung der Bahnordnung durch andere Reiter in der Halle, Selbstzweifel, Boden, eine bestimmte Umgebung, eine bestimmte Konstellation, scheinbare Erwartungen Dritter (des Reitlehrers, der Familie, etc.), innere Antreiber („Sei perfekt“, „Streng dich an“), mangelnde Fitness, ein bestimmter Gegner oder der Richter auf einem Reitturnier, Zeitdruck, Über- und Unterforderung, Stress, Unsicherheiten wie: „Mache ich mein Pferd kaputt?“, „Ob die anderen meine Reiterei schrecklich finden?“ oder „Ob ich das jemals hinkriege?“, Angst vor dem ersten Ausritt, Angst gebissen oder getreten zu werden, Angst vor dem Galopp, innere Konflikte (zum Beispiel zwischen unterschiedlichen Werten), die Sorge herunterzufallen und anderes mehr.
Eine Blockade ist ein wiederkehrendes Handlungs- und Erlebensmuster. Eine Blockade entzieht sich der willentlichen Steuerung und ist von intensiven Gefühlen begleitet.
Heftige Stress- und Angstreaktionen bilden den Nährboden, auf dem Blockademuster entstehen. Was hilft: Machen Sie sich mit den unterschiedlichen Möglichkeiten der Stressbewältigung wie Vermeiden bestimmter Reize, Umgang mit inneren Antreibern, mit regelmäßig geübten Entspannungstechniken und Ähnlichem vertraut!
Blockaden auflösen
Für die Lösung bestehender Blockaden ist die Grundstrategie, den typischen Ablauf des Erlebensmusters zu unterbrechen, um so einen „Unterschied“ in das Verlaufsschema zu bringen. Das kann erfolgen durch Provokation, Verwirrung, Witz statt Analyse, Veränderung der Körperhaltung, Körperspannung oder Atmung, Veränderung des inneren Erlebens (Visualisierung), Aufmerksamkeitsfokussierung, Deutungsveränderung – „Was ist Positives an dem Erlebten?“ –, durch einen Wechsel der Perspektive und die Auflösung von inneren und äußeren Konflikten. Nehmen Sie eventuell professionelle Unterstützung eines Mentaltrainers in Anspruch. Spitzensportler sind jene Zielgruppe, die die Wirkung von Mentaltraining und mentalen Trainingsmethoden bereits zu schätzen gelernt haben. Doch nicht nur Spitzensportlern ist dieser Bereich vorbehalten, sondern ganz besonders bei Hobby- und Freizeitreitern sind die Anwendungsmöglichkeiten dieser Art von Training schier unbegrenzt.
Viele Reiter stehen dem „Psycho-Coaching“ zweifelnd und mit Skepsis gegenüber; dabei könnte ein Zahnrad ins andere greifen.
Es gibt wirkungsvolle Techniken und Methoden, derer sich das Mentaltraining bedient. Dazu gehören gezielte Techniken zum Umgang mit Ängsten, kritischen Situationen und Nervosität, mentale Entspannungstechniken, das Auflösen von Blockaden, Konzentrationstechniken und anderes mehr. Viele Techniken bauen auf dem „Neurolinguistischen Programmieren“ (NLP), aber auch auf der Sportpsychologie, Hypnose und der Kinesiologie auf.
Im Mentaltraining wird vermittelt, dass die Art des Denkens eine wichtige Ursache für die gewünschte Wirkung in der Zukunft ist. Der Reiter setzt sich erreichbare, aktive, sinnesspezifische, messbare, realistische, temporäre und positive Ziele. Er formuliert sie in der Gegenwart und nach seinen persönlichen Bedürfnissen. Der Zielrahmen aus dem NLP ist ein möglicher Einstieg ins mentale Training mit Reitern. Der Reiter macht darüber hinaus sein Ziel lebendig dadurch, dass er es mit allen seinen fünf Sinnen erlebt. Abschließend macht der Reiter in einem so genannten „Future Pace“ einen Schritt in die gewünschte Zukunft und gibt sich selbst ein Feedback, ob sein Ziel passt oder noch verändert oder erweitert werden muss.
Biochemie und Verhaltensmuster
Oft lassen wir uns im Umgang mit dem Pferd von negativen Glaubenssätzen und Gefühlen beeinflussen, also von den Gedanken, die wir über uns selbst und über unser Pferd haben, etwa: „Das schaffe ich nicht“, „Wenn Gefahr im Verzug ist, reiß Dich zusammen“ oder „Dieses Pferd scheut vor Traktoren“. Wenn ich zum Beispiel gleich von vorne herein solche Gedanken habe wie „Ich habe Angst vor dem Herunterfallen“ oder „Warum sollte mich das Pferd als Chefin akzeptieren“, so tragen wir diese Gedanken in den Umgang mit dem Pferd hinein. Man hat erforscht, dass die Wiederholung von solchen negativen Selbstgesprächen und Glaubenssätzen biochemische Auswirkungen auf unsere neuronalen Netze hat, sich also im Körper „verfestigt“, und dass sozusagen die „Spurrillen“ immer tiefer werden.
Negative Selbstgespräche schwächen uns, sie dienen einzig dazu, uns von unseren Zielen abzubringen, sowohl beim Reiten als auch im übrigen Leben: Kurz gesagt, sie fördern eine Abwärtstendenz. Es gibt sehr effektive Techniken, diese Selbstgespräche und Glaubenssätze zu erkennen und zu verändern, zum Beispiel mit Hilfe positiver Selbstgespräche wie „Ich schaffe es“, „Ich bin glücklich“, „Ich bin eine gute Reiterin“ oder „Mein Ehrgeiz ist, noch besser zu reiten“. Das Wort „Affirmation“ beinhaltet das lateinische Verb „firmare“, was so viel bedeutet wie „festigen, verankern“. Eine Affirmation (Bekräftigung) ist eine Behauptung, die, wenn man sie oft genug laut oder innerlich in der gleichen Art wiederholt, Gedanken, bewusste und unbewusste Glaubenssätze und Überzeugungen verändert. Affirmationen haben eine große Wirkung. Auch wenn ein Satz wie „Ich sitze ganz gerade und elegant im Sattel“ nicht wahr ist, bewirkt er eine Umprogrammierung des Unterbewusstseins und Veränderung. Dies ist wissenschaftlich untermauert.
Formulieren Sie Affirmationen positiv und in der Gegenwartsform. Eine Affirmation muss kurz sein. „Führen Sie bei jeder Gelegenheit positive Selbstgespräche“, empfiehlt der Sport- und Managementcoach Richard F. Estermann.
Pferden ist es egal, ob Sie sich an etwas aus der Vergangenheit erinnern oder an die Zukunft denken: Für sie sind die Gedanken ihres Reiters, und somit der Körperausdruck, die Atmung, die Gefühle des Reiters, ganz real, echt und gegenwärtig. Pferde reagieren auf das, was jetzt ist. Sobald der Reiter an eine Gefahr denkt, spürt das Pferd diese Gefahr. Und dann schaukeln sich Pferd und Reiter gegenseitig in einer Angstschraube hoch. Nutzen Sie die Macht Ihrer Gedanken und die Kraft der inneren Bilder, um Ihre inneren Potenziale und Ressourcen zu aktivieren, Situationen neu zu erfahren und gelassener zu sein. Stärken Sie ihren Glauben an die eigenen Möglichkeiten und Potentiale.
Im Mentaltraining werden (Selbst-) Erfahrungen bezüglich Mut, Vertrauen, Geduld, Würdigung der persönlichen Höhen und Tiefen, erfolgreiche und auf die Person zugeschnittene Strategien bezüglich Umgang mit Misserfolgen – Erfolg ist subjektiv –, Annehmen von Unterstützung zum Beispiel durch den Ausbilder, Affirmationen wie „Das packe ich“, Aufbau von Trotzreaktionen wie „Euch zeige ich es“ gemacht. Dabei lernt jeder Einzelne automatisch auch etwas für seinen Alltag.
Antje Heimsoeth
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